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«BLUMEN DIE MENSCHEN, NUR BLUMEN»

 

György Kurtágs musikalisches Denken ist ein Denken in Verweisen und Querverbindungen. Am augenfälligsten wird dies an einem rätselhaften Titel, der sich wie ein roter Faden durch sein Werk, vor allem aber durch die «Játékok» zieht: «Blumen, die Menschen ...». Fünf Stücke dieses Namens finden sich allein im ersten Band der «Játékok», und auch in den folgenden Bänden tritt er immer wieder auf. Der Titel entstammt Kurtágs Vokalzyklus «Die Sprüche des Peter Bornemisza» op. 7 (1963–1968); er bezeichnet dort das Resümee eines der Sprüche des ungarischen Dichters Bornemisza (1535–1584), der den Menschen in seiner Vergänglichkeit mit der verletzlichen und flüchtigen Schönheit der Blumen in Verbindung bringt: «Es rafft dich der Tod wie den Vogel die Schlinge, für immer rafft er dich hin – Blumen (sind) die Menschen, nur Blumen.» Kurtágs Blumenstücke sind sämtlich äußerst kurze Aphorismen, die mit den elementarsten Mitteln auskommen; das kürzeste von ihnen besteht lediglich aus sieben weit über die Tastatur verteilten Einzeltönen. Mühelos könnte das auch ein Solist bewältigen. Werden die Töne aber von zwei Personen an einem Instrument gespielt, so scheint in den Bewegungen der Spieler der Grundgedanke des Verbindens und Verschränkens auf, denn beim vierhändigen Spiel überkreuzen sich die Arme in vielfältiger Weise. Nicht nur die Töne, sondern auch die Arme zweier Menschen umschlingen sich hier – und wer will, kann darin eine Entgegnung auf die bei Bornemisza beschworene Drohung des Todes finden.

 

 

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